Commerzbank Rohstoffradar Januar 2023

Rohstoffradar im Überblick

Das Rohstoffradar misst die Volatilität ausgewählter Rohstoffpreise und ist damit ein Indikator für die Schwankungsfreude einzelner Rohstoffe.

Quelle: Bloomberg

EU-Emissionshandel: Der Blick geht weiter nach vorn

Der EU-Emissionshandel verabschiedete sich mit neuen Rekordhöhen (fast 100 EUR), alten Tiefs (unter 60 EUR) und einem kleinen Endspurt vom Jahr 2022. Zu Beginn des neuen Jahres notiert er mit rund 80 EUR je Tonne in der Mitte der letztjährigen Handelsspanne.

Dass die Preise zum Jahresende wieder deutlich anzogen, ist mehreren Faktoren geschuldet:

  • Erstens scheint sich die konjunkturelle Lage im Euroraum zu festigen. Unsere Volkswirte haben erstmals seit Langem ihre Konjunkturprognosen etwas angehoben. Auch wenn sie weiterhin mit einer Rezession rechnen, dürfte diese eher mild ausfallen.
  • Zweitens kommt verstärkt Kohlekraft zum Einsatz. 2022 gab es ersten Schätzungen zufolge in der EU im Jahresvergleich ein Plus von rund 6 Prozent. Entsprechend stieg der Bedarf an Emissionsrechten.
  • Drittens einigten sich die Vertreter von EU-Parlament, EU-Kommission und der Mitgliedsländer im Trilog auf die Reformen des EU-Emissionshandels. Kurz vor Weihnachten wurden die letzten Reformpunkte für das wohl wichtigste Instrument des Klimaschutzprogramms „Fit for 55“ festgezurrt: Der lineare Reduktionsfaktor wird angehoben bzw. die Obergrenze abgesenkt, sodass die erfassten Emissionen bis 2030 um 62 Prozent gegenüber 2005 sinken. Zudem werden die Seefahrt und die Abfallverbrennung in das System einbezogen. Außerdem verständigte man sich auf den sogenannten Grenzausgleichsmechanismus. Demzufolge wird die Zuteilung von kostenlosen Emissionsrechten ab 2026 allmählich abgeschafft.

CO2-Preis in EUR je Tonne

Mit der Einigung auf die Reform hat die EU gezeigt, dass sie an ihrer ambitionierten Klimapolitik festhält. Trotzdem dürfte der Jahresbeginn im EU-Emissionshandel zunächst schwächer ausfallen. Ein Grund dafür ist die eher holprige Wirtschaftsentwicklung in der EU in der ersten Jahreshälfte, weil die massiven Zinserhöhungen Wirkung zeigen werden. Wir gehen aber davon aus, dass der Emissionshandel im weiteren Jahresverlauf parallel zur EU-Konjunktur an Schwung gewinnt. Hinzu kommt, dass Kohlekraft wohl auch im nächsten Winter unverzichtbar sein wird, um den Einsatz der Gaskraft zu begrenzen. Dass Deutschland, ohnehin der größte Emittent, die mögliche Laufzeit der Kohlekraftwerke, die aus der Reserve zurückgeholt wurden, bis Ende März 2024 verlängerte, deutet darauf hin.

Die Versteigerung von zusätzlichen Emissionsrechten zur Teilfinanzierung des REPowerEU-Plans könnte den Aufwind im Emissionshandel zwar verlangsamen, aber nicht wirklich ausbremsen. Hier zeichnet sich ein Kompromiss ab, demzufolge nur ein Teil des Finanzvolumens aus dem frühzeitigen Verkauf von Zertifikaten stammen soll, die eigentlich erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts zur Versteigerung anstünden. Der übrige Teil dürfte dann über den Innovationsfonds gestemmt werden. Damit wäre das Angebot an zusätzlichen Emissionsrechten letztlich begrenzt, das zudem zeitlich gestreckt an den Markt käme. Die Marktteilnehmer dürften diesen Effekt als temporär einstufen und den Blick weiter nach vorn richten.

Grundsätzlich gehen wir von einem stabilen politischen Rückenwind aus. Dafür sprechen nicht zuletzt die Überlegungen von EU-Klimakommissar Timmermans auf der Weltklimakonferenz COP27, die Ambitionen sogar noch einmal zu erhöhen und die Emissionen bis 2030 nicht nur um 55 Prozent, sondern sogar um 57 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren.

Quelle: Commerzbank Research 09.01.2023

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