Commerzbank Rohstoffradar Juli 2023

Rohstoffradar im Überblick

Das Rohstoffradar misst die Volatilität ausgewählter Rohstoffpreise und ist damit ein Indikator für die Schwankungsfreude einzelner Rohstoffe.

Quelle: Bloomberg

Platin und Palladium auf unterschiedlichen Pfaden

Der globale Platinmarkt wird in diesem Jahr nach den Prognosen des World Platinum Investment Council (WPIC) ein beträchtliches Angebotsdefizit von 983 Tsd. Unzen aufweisen. Das wäre das höchste Defizit seit Beginn der Datenreihe vor zehn Jahren. Grund ist eine kräftige Erholung der Nachfrage, die 2022 von einer negativen Investmentnachfrage nach unten gezogen wurde. Allein durch die nun zu erwartende Gegenbewegung bei der Investmentnachfrage dürfte die gesamte Nachfrage im Vergleich zum Vorjahr laut Einschätzung des WPIC um mehr als 1 Mio. Unzen steigen. Hinzu kommt ein wachsender Platinbedarf aus der Automobil- und übrigen Industrie.

Das Angebot an Platin dürfte dagegen stagnieren. Die Minenproduktion wird sich nach dem kräftigen Rückgang im vergangenen Jahr kaum erholen. So hat sich in Südafrika, das bei Platin mehr als 70 Prozent des weltweiten Minenangebots abdeckt, die Krise des staatlichen Energieversorgers verschärft. Dadurch kommt es infolge von Stromrationierungen immer wieder zu Produktionsunterbrechungen bei den energieintensiven Schmelzen. In Russland, mit einem Anteil von 12 Prozent der zweitgrößte Platinproduzent, dürfte die Minenproduktion durch Wartungsarbeiten in den Schmelzen und die westlichen Sanktionen beeinträchtigt werden. Die angebotseinschränkenden Faktoren gelten ebenso für Palladium. Probleme Russlands fallen hier stärker ins Gewicht, weil das Land 40 Prozent des weltweiten Minenangebots stellt und damit in dieser Kategorie knapp vor Südafrika liegt.

Platinpreis in USD je Feinunze

Die Palladiumnachfrage dürfte in diesem Jahr nach den Prognosen des auf Edelmetalle spezialisierten Researchunternehmens Metals Focus leicht zurückgehen. 80 Prozent der Gesamtnachfrage bei Palladium kommt aus der Automobilindustrie, die Metals Focus zufolge in diesem Jahr nur geringfügig mehr Palladium benötigt. Die Gründe: steigender Anteil von Elektrofahrzeugen in der Produktion und die Substitution von Palladium durch Platin in den Katalysatoren für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. In anderen industriellen Anwendungen könnte es sogar Nachfragerückgänge geben. Im Gegensatz zu Platin liegt die Nachfrage bei Palladium weiterhin deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau von 2019. Dass Metals Focus für den Palladiummarkt dennoch in diesem Jahr ein Angebotsdefizit prognostiziert, liegt am rückläufigen Angebot.

Palladiumpreis in USD je Feinunze

Angebotsdefizite treiben die Preise

Der Platinpreis dürfte aufgrund des sich abzeichnenden Angebotsdefizits bis zum Jahresende auf 1.100 USD je Feinunze steigen. Da Platin bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff via Elektrolyse sowie dessen Nutzung via Brennstoffzelle eine wichtige Rolle spielt, dürften der Übergang zur Elektromobilität und der dadurch in den kommenden Jahren zu erwartende Nachfragerückgang aus der Automobilindustrie kompensiert werden. Für Palladium gilt dies nicht. Die trüben Nachfrageaussichten haben dem Palladiumpreis bereits spürbar zugesetzt und ihn Ende Juni auf ein Viereinhalb-Jahres-Tief von etwas mehr als 1.200 USD je Feinunze fallen lassen. Wir sehen angesichts des erwarteten Angebotsdefizits in den kommenden Monaten Erholungspotenzial. Unsere Preisprognose für Ende 2023 liegt bei 1.600 USD je Feinunze.

Silberstreif für Edelmetalle

Der Goldpreis ist nach der Fed-Sitzung Mitte Juni auf rund 1.900 USD je Feinunze abgerutscht, da die US-Notenbank noch mindestens eine weitere Zinserhöhung in diesem Jahr signalisierte. Dadurch verschiebt sich nach Einschätzung unserer Volkswirte auch die erste Zinssenkung etwas weiter nach hinten. Wir rechnen dennoch mit einem Goldpreisanstieg auf 2.000 USD je Feinunze bis zum Jahresende, da der Zinserhöhungszyklus im Laufe des Sommers abgeschlossen sein sollte. Später im Jahr dürften dann die Spekulationen auf Zinssenkungen einsetzen. Der Silberpreis dürfte bis Ende des Jahres auf 26 USD je Feinunze steigen und damit etwas gegenüber Gold aufholen. Silber sollte neben dem von uns erwarteten Preisanstieg bei Gold auch vom steigenden Bedarf für industrielle Anwendungen im Zusammenhang mit der grünen Energie- und Verkehrswende profitieren.

Quelle: Commerzbank Research 03.07.2023

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