Commerzbank Rohstoffradar April 2021

Quelle: Bloomberg
„Fit for 55“ gibt CO2-Preisen Aufwind
Im EU-Emissionshandel schrauben sich die CO2-Preise immer höher: Erstmals kostete das Recht zur Emission einer Tonne CO2 Mitte März mehr als 43 Euro – rund 85% mehr als im Tief Anfang November 2020. Dabei ist der EU-Emissionshandel nicht der einzige Markt, der aktuell vor Stärke strotzt. Die steigende Zahl von Corona-Impfungen sowie die expansive Geld- und Fiskalpolitik schüren Hoffnungen auf eine deutliche Konjunkturerholung. Während viele Aktienmärkte neue Rekordhochs erreichten und die meisten zyklischen Rohstoffe sich deutlich verteuerten, bauten zahlreiche Investmentfonds ihr Engagement im EU-Emissionshandel aus.

Die aktuell hohen Preise sind bemerkenswert. Schließlich wird die EU-Kommission wohl Anfang April erste Zahlen veröffentlichen, denen zufolge die verifizierten Emissionen im vergangenen Jahr so stark gefallen sind wie nie zuvor seit Aufnahme des Handels. Zwar ging die Industrieproduktion infolge der coronabedingten Lockdown-Maßnahmen 2020 nicht so stark zurück wie in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009; vor allem die im EU-ETS erfasste Zementindustrie erholte sich dank des anhaltenden Baubooms schnell. Doch im Zuge des massiven Einbruchs der Kohlekraft dürften die Emissionen der erfassten Verbrennungsanlagen prozentual doppelt so stark gesunken sein wie in der Wirtschafts- und Finanzkrise.
Der Blick scheint allerdings weniger auf diese Fakten der Vergangenheit als auf die Erwartungen für die Zukunft gerichtet zu sein. Die Marktstabilitätsreserve (MSR) greift mit Verzögerung die Überschüsse ab. Wenn die EU-Kommission Anfang Mai die Gesamtzahl aller in Umlauf befindlichen Zertifikate (TNACs) per Ende 2020 beziffert, dürfte klar werden, dass auch ab September die Zahl der in die MSR zu überführenden Zertifikate hoch bleibt. Entsprechend bleibt das Auktionsangebot bis weit ins nächste Jahr deutlich reduziert. Diese Aussicht allein kann die Preise aber nicht von Rekord zu Rekord steigen lassen.
Vielmehr sehen wir die Anhebung der Klimaziele als wesentlichen Treiber: Der EU-Gipfel beschloss im Dezember, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55% gegenüber 1990 zu senken (statt wie bislang geplant um 40%). Dieses Ziel erfordert eine schnellere Rückführung der Emissionen im EU-ETS. Die hier erfassten Emissionen machen gut 40% der Treibhausgasemissionen in der EU aus. Schon in der Vergangenheit sind sie deutlich schneller gefallen als in den übrigen Bereichen. Auch künftig werden wohl die Sektoren des EU-ETS einen überproportional großen Beitrag leisten (müssen). Nicht wie zuletzt nur die Versorger, sondern auch die Industrie stehen hier in der Pflicht.
Die Aussicht auf eine bis 2030 deutlich reduzierte Obergrenze im EU-ETS drückt die Preise nach oben. Die EU-Kommission will bis Mitte des Jahres erste Teile des Klimagesetzpakets „Fit for 55“ präsentieren. Neben den erforderlichen Anpassungen des EU-Emissionshandels will sie einen neuen Grenzausgleichsmechanismus vorstellen und überprüfen, ob die Vorgaben für die MSR anzupassen sind. Kein Wunder, dass diese Herausforderungen die Preisfantasie am Markt anregen, zumal ergänzende nationale Steuerungsinstrumente – wie die in Deutschland in diesem Jahr eingeführte CO2-Brennstoffsteuer – die Messlatte für die Preise ebenfalls hochlegen.
Kurzfristig halten wir die Preise vor dem Hintergrund des rasanten Anstiegs der letzten Wochen und des aktuell (noch) niedrigen Bedarfs für überhöht. Daher rechnen wir mit einer Konsolidierung im Frühjahr. Wir sind jedoch überzeugt, dass die ehrgeizigen Klimaziele die Preise auf mittlere Sicht steigen lassen, sodass dann neue Rekordhochs erreicht werden.
Quelle: Commerzbank Research 30.03.2021
in EUR je Einheit | in EUR je Einheit | ||||
Edelmetalle | Agrarrohstoffe | ||||
Gold je Feinunze |
Höchst Tiefst |
1.736,99 1.415,30 |
Baumwolle je Pfund |
Höchst Tiefst |
0,76 0,44 |
Palladium je Feinunze |
Höchst Tiefst |
2.272,35 1.644,44 |
Kakao je Tonne |
Höchst Tiefst |
2.329,57 1.605,39 |
Platin je Feinunze |
Höchst Tiefst |
1.076,02 659,73 |
Mais je Tonne |
Höchst Tiefst |
229,75 163,00 |
Silber je Feinunze |
Höchst Tiefst |
24,78 12,78 |
Raps je Tonne |
Höchst Tiefst |
526,25 357,75 |
Weizen je Tonne |
Höchst Tiefst |
250,00 176,25 |
|||
Zucker je Pfund |
Höchst Tiefst |
0,15 0,09 |
|||
Industriemetalle | Energie | ||||
Aluminium je Tonne |
Höchst Tiefst |
1.930,24 1.312,45 |
Diesel je Tonne |
Höchst Tiefst |
465,14 164,38 |
Blei je Tonne |
Höchst Tiefst |
1.774,35 1.455,96 |
EUA je Tonne |
Höchst Tiefst |
42,99 17,43 |
Eisenerz je Tonne |
Höchst Tiefst |
146,30 73,76 |
Erdöl Brent je Barrel |
Höchst Tiefst |
58,23 17,83 |
Kupfer je Tonne |
Höchst Tiefst |
7.742,77 4.380,09 |
Gasöl je Tonne |
Höchst Tiefst |
463,05 176,28 |
Nickel je Tonne |
Höchst Tiefst |
16.192,55 10.260,87 |
Kerosin je Tonne |
Höchst Tiefst |
478,79 115,63 |
Zink je Tonne |
Höchst Tiefst |
2.391,37 1.700,92 |
Kohle je Tonne |
Höchst Tiefst |
59,96 34,69 |
Zinn je Tonne |
Höchst Tiefst |
25.340,80 13.153,80 |
Strom je MWh |
Höchst Tiefst |
59,54 15,89 |
* Quelle: Bloomberg, Periode: 01.04.2020 - 31.03.2021
** Aus Sicht deutscher Unternehmen notieren die aufgeführten Rohstoffe in der Regel in Fremdwährung. Neben Rohstoffpreisrisiken sind somit zusätzlich Währungsrisiken zu berücksichtigen.