Marktfolge unterstützt die Kreditvergabe

06. September 2013: Rüdiger Rass, Chief Credit Officer Corporates der Commerzbank, beschreibt in company.news Funktion und Selbstverständnis der Marktfolge.

„Unternehmen besser für Risiken wappnen.“

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat eine strikte aufbauorganisatorische Trennung der Bereiche „Markt“ (Initiierung des Kreditgeschäfts durch den Firmenkundenbetreuer) und „Marktfolge“ (Risikocontrolling durch den Credit Officer) vorgeschrieben. Nach dem Vier-Augen-Prinzip erfordert deshalb jede Kreditentscheidung zustimmende Voten der beiden Bereiche. Im Group Credit Risk Management der Commerzbank ist Rüdiger Rass als Chief Credit Officer Corporates verantwortlich für die Kreditprüfung u.a. in der Mittelstandsbank.

Frage 1: Herr Rass, das Wort „Kreditprüfung“ weckt Assoziationen an einen bürokratischen Vorgang, der fernab der betrieblichen Realität allein anhand der Aktenlage erfolgt. Wie sehen Sie die Rolle der Marktfolge bei der Commerzbank?

Rüdiger Rass: Der vielleicht größte Unterschied zu den Vorstellungen, die sich vielerorts noch mit der Marktfolge verbinden, liegt im aktiven Part, den wir im Zusammenspiel mit den Firmenkundenbetreuern übernehmen. Basis dafür ist unser tief gehendes Branchen-Know-how, das wir in enger Zusammenarbeit mit dem Research und den Analysten der Bank pflegen. So sind wir in der Lage, beispielsweise Trends und Entwicklungen in einzelnen Branchen frühzeitig zu erkennen und in ihren Auswirkungen zu beurteilen. Dies wiederum bildet die Grundlage, um auf die Firmenkundenbetreuer der Mittelstandsbank zuzugehen und mit ihnen gemeinsam Lösungen zu entwickeln, mit denen Unternehmen besser für die sich verändernden Risiken gewappnet sind. Diese Risiken zu steuern und zu strukturieren – das ist der Kern unseres Selbstverständnisses.

Frage 2: Dass Sie dafür Zahlen, Daten und Fakten des Unternehmens brauchen ist unbestritten. Doch es gibt auch Klagen über einen übermäßigen Informationshunger der Banken, der in den Betrieben hohen Aufwand verursacht. Wäre „weniger“ hier nicht „mehr“?

Rüdiger Rass: Gegenfrage: Was brauchen Sie als Inhaber, Geschäftsführer oder Finanzvorstand, um Ihr Unternehmen verantwortungsvoll zu führen? Neben den Bilanzen und dem aktuellen Liquiditätsstatus sind das vor allem der Überblick über Ihre Branchen und Märkte, eine ebenso klare wie fundierte Strategie sowie eine darauf ausgerichtete Finanzplanung. Viel mehr benötigen wir als Bank für die Kreditentscheidung auch nicht. Am besten ist es natürlich, wenn diese Informationen im Rahmen einer offenen Finanzkommunikation nicht nur punktuell bei einem Kreditbedarf, sondern kontinuierlich fließen. So entstehen Transparenz, Vertrauen und vor allem Verständnis für die Besonderheiten des Unternehmens. Darum sind unsere Mitarbeiter aus der Marktfolge bei vielen Kundengesprächen mit dabei: Wir wollen das Unternehmen so gut wie möglich verstehen und gemeinsam mit dem Kunden über Punkte diskutieren, die aus unserer Sicht nicht optimal sind.

Frage 3: Wo sehen Sie unternehmensübergreifend die größten Herausforderungen für den Mittelstand? Gehört Basel III dazu?

Rüdiger Rass: Auswirkungen wird Basel III im Wesentlichen nur für eine ganz bestimmte Art von Krediten haben: auf unbesicherte Kredite mit langer Laufzeit und ungünstigem Rating. Diese werden im Zuge von Basel III deutlich teurer werden. Aus unserer Sicht bietet es sich in solchen Fällen an, Alternativen zu prüfen. Dazu kann die Einbeziehung Öffentlicher Fördermittel ebenso gehören wie die Finanzierung des Umlaufvermögens über Borrowing Base oder bei großen Unternehmen die Refinanzierung über den Kapitalmarkt.

Herausforderungen für den Mittelstand sehe ich kurzfristig vor allem in klassischen Themen: in der Konjunktur, der Stabilität der Euro-Zone sowie der Entwicklung von Rohstoffpreisen und Zinsen. Mittel- und langfristig stellt sich für Unternehmen die Frage, ob sie strategisch richtig aufgestellt sind, über einen ausreichenden Puffer verfügen, um Schwächeperioden zu überstehen, und ob sie Trends in ihre Planung einbeziehen – sei es die weitere Veränderung der weltweiten Märkte, der demografische Wandel oder der Fachkräftemangel.

Das vollständige Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von company.news.