Drei Fragen an...
05. April 2013: ...Michael Kotzbauer, von 2010 bis 2012 Regionalvorstand Asien, zu seiner Einschätzung der asiatischen Märkte und ihrer Entwicklung.
Michael Kotzbauer war von 2010 bis 2012 Regionalvorstand Asien in der Mittelstandsbank. In dieser Funktion leitete er von Shanghai aus das Firmenkundengeschäft der Mittelstandsbank in Asien. Heute ist er als Bereichsvorstand Großkunden SüdOst verantwortlich für die Zusammenarbeit mit großen und kapitalmarktnahen Unternehmen.
Wir stehen in China und ASEAN vor „deutschen Jahren“
Die Zeiten, in denen Chinas Wirtschaft jährlich im zweistelligen Prozentbereich wuchs, sind vorbei. Skeptiker befürchten einen erheblichen Verlust an Dynamik, sodass China seine Rolle als weltweiter Wachstumstreiber nicht mehr wie bisher ausfüllen kann. Sogar von einem „hart landing“ ist zuweilen die Rede. Zu Recht? company.news fragte Michael Kotzbauer nach seiner Einschätzung.
1. Frage: Herr Kotzbauer, sind Asiens und insbesondere Chinas Märkte heute nach wie vor ein Muss für deutsche Unternehmen?
Auf jeden Fall, zumindest für Unternehmen, die sich international orientieren und Alternativen zu den europäischen Märkten suchen, denen die Staatsschuldenkrise doch erkennbar zu schaffen macht. Gerade in den vergangenen Monaten sind einige sehr ermutigende Nachrichten aus dem Reich der Mitte gekommen. In der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt entwickelte sich die Wirtschaft Ende 2012 besser als erwartet. Im Gesamtjahr legte das Bruttoinlandsprodukt um 7,9 % zu. Auch wenn dies der schwächste Wert seit 1999 ist: Von einem Einbruch der chinesischen Wirtschaft kann nach meinem Eindruck keine Rede mehr sein – im Gegenteil. Für 2013 rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) mit einem Wachstum von 8,2 % und für 2014 mit 8,5 %. Das sind Werte, die in den klassischen Industrieländern als kaum darstellbar gelten. Um die Perspektiven Chinas an einem Beispiel deutlich zu machen: Nach Ansicht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) könnte China schon 2016 die USA als größte Wirtschaftsmacht der Welt ablösen.
Attraktive Perspektiven eröffnet auch das 2010 in Kraft getretene Freihandelsabkommen zwischen den ASEAN-Staaten und China. Die Zölle auf 90 % der Waren im gegenseitigen Handel zwischen China und Brunei, Indonesien, Malaysia, den Philippinen, Singapur und Thailand fielen bereits 2010 weg, bis 2015 folgen Kambodscha, Laos, Myanmar und Vietnam. Die Aufhebung der Handelsschranken sowie einheitliche Regeln erhöhen die Attraktivität Südostasiens mit China an der Spitze weiter. Deshalb wird die Region ASEAN für deutsche Unternehmen weiter an Gewicht gewinnen, da hier, neben China, mit über 600 Millionen Einwohnern, ein zweiter sehr bedeutender Markt in Asien entsteht.
2. Frage: Was hat Sie an Asien am meisten beeindruckt? Was können wir von Asiaten lernen?
Bestimmt eine ganze Menge. Beispielsweise, dass ein wenig Gelassenheit, verbunden mit Respekt und Akzeptanz für kulturelle Unterschiede, helfen kann, gemeinsame Ziele zu erreichen. Mich hat insbesondere die Offenheit und Freundlichkeit der Asiaten beeindruckt. Es ist immer wieder faszinierend, wie schnell sie sich auf neue Situationen und Herausforderungen einstellen. Nur so ist auch die Dynamik in der Entwicklung der ganzen Region überhaupt zu meistern. Das Tempo, in dem die Internationalisierung der Metropolen Chinas vorangeht, hat mich stets aufs Neue sprachlos gemacht.
3. Frage: Wie können Unternehmen auch weiterhin von Ihrer Asien-Expertise profitieren?
Insgesamt bin ich überzeugt, dass wir in China sowie in ASEAN vor „deutschen Jahren“ stehen, da die Produkte und Lösungen der deutschen Industrie für das Angehen der Herausforderungen der Wirtschaftsregion Asien von zunehmender Bedeutung werden.
Ich freue mich auf die neuen Herausforderungen hier in Deutschland, aber Asien bleibt natürlich für mich weiterhin ein Thema. Ich werde meinen Teil zum kontinuierlichen Erfolg deutscher Unternehmen – und damit auch der Commerzbank – in Asien beitragen. Ich bin sicher, dass es nicht an Gelegenheiten fehlen wird, die gewonnene Expertise mit unseren Kunden zu teilen, sei es im direkten Gespräch oder durch die enge Vernetzung mit meinen Kollegen.